(Rheinhessen)
– Qualitätswein mit Prädikat –
Wenn ich Weinetiketten sehe, geht meine Fantasie auf Reisen. Meist ist es eine sehr irdische. Vorbei am ”Oppenheimer Krötenbrunnen”, über die”Uerzinger Schwarzlay” bis hin zur ”Klüsserather Bruderschaft” oder nach Kröv. Es gibt noch einige andere Varianten.
Doch wenn die Erinnerung mit ins Spiel gerät, kennt sie nur einen Weg. Den ”Bechtheimer Pilgerpfad” entlang zur ”Alsheimer Frühmesse”. Das lohnt sich immer. Ganz gleich, ob in Alsheim oder daheim, zur Mittagsstunde oder am Abend. Die ”Frühmesse ” ist eine Andacht wert. Und derjenige, welcher den Namen erdacht hat, wollte gewiss niemanden auf Ort und Uhrzeit festlegen. Auch nicht auf einen bestimmten Jahrgang, denn jeder hat seine Vorzüge.
Ist der eine lieblich und fruchtig, so überrascht ein anderer mit gehaltvoller Süsse; gefolgt von dem nächsten, der das gleiche Prädikat in Anspruch nehmen kann. Anders vielleicht ein vierter, der herzhaft-herb schon eher an eine frühe Stunde im Halbdunkel erinnert. Doch der fünfte macht es wieder wett. Fein und rassig, ein guter Jahrgang. Und erst die Spätlese! Das ist schon ein volles Hochamt mit Orgel‚Chor und Glockengeläut, wenn man solche Dinge für einen edlen Tropfen bemühen darf. Und warum nicht. Dieser Wein hat es verdient.
Und die noch folgenden?
Warten wir es ab. Wenn der Himmel ein Einsehen hat und die Sonne die Winzer nicht im Stich läßt, dann bleibt es auch weiter so in Alsheim, nahe dem Altrhein und der Straße nach Worms. Mit zwei Prozent Hanglage, Sonnenberg und Rheinblick.
Und einer ”Frühmesse”, die zum Glück jederzeit gefeiert werden kann. Mit und ohne Kerzenlicht.
Vorzugsweise aber mit, um sie mit allen gebührenden Ehren zu begehen.
05/1975